Die gesellschaftliche Marginalisierung von Dalits in Nepal ist tief verwurzelt und bleibt trotz politischer Erklärungen und Reformbemühungen bestehen. Das 2006 von der Übergangsregierung verkündete Verbot der „Unberührbarkeit“ war ein historischer Moment, der viele Dalits hoffen ließ. Doch in der Praxis hat sich wenig verändert: Diskriminierung und Gewalt gegen Dalits sind weiterhin an der Tagesordnung; der Wille für Reformen fehlt. Amnesty International bestätigt in seinem aktuellen Bericht, dass die strukturelle Benachteiligung anhält, auch wenn sie sich in veränderter Form manifestiert.
Ein wenig diskutiertes, aber bedeutendes Problem ist die interne Hierarchie innerhalb der Dalit-Gemeinschaften selbst. Wie der Sozialwissenschaftler Louis Dumont („Homo Hierarchicus“, 1956) herausstellte, reproduzieren Dalits oft selbst diskriminierende Praktiken gegenüber anderen Sub-Kasten. So verweigern Angehörige der Kaste der Schmiede in nepalesischen Bergregionen anderen Dalit-Gruppen den Zugang zu Wasserquellen, während im Terai Angehörige der Paswan (Korbmacher*innen) nicht dieselbe Wasserstelle mit einem Chamar (Lederarbeiter*in) oder Dom (Wäscher*in) teilen würde. Diese internen Kastenstrukturen verhindern solidarische Bewegungen und verlangsamen den Wandel.
Die vollständige Abschaffung der sogenannten „Unberührbarkeit“ bleibt daher ein fernes Ziel. Ein Lichtblick ist die Hoffnung auf eine gestärkte, unabhängige Dalit-Befreiungsbewegung, die politischen Druck ausübt, um rechtliche Schutzmaßnahmen effektiver durchzusetzen. Zudem müsste eine tiefgreifende gesellschaftliche Bewusstseinsbildung stattfinden, die die ideologische Grundlage des Kastenwesens infrage stellt.
Mehr dazu hier: https://kathmandupost.com/columns/2025/01/20/can-untouchability-be-eradicated-in-nepal